Das Braunkehlchen

Liebe Entdeckerin, lieber Entdecker!
ich bin es, das Braunkehlchen – der Vogel des Jahres 2023 in Österreich. Vielleicht haben Sie mich schon einmal gesehen. Vielleicht aber auch nicht, denn ich bin leider immer seltener in Österreich zu beobachten. Als Langstreckenzieher verbringe ich die kalte Jahreszeit in Afrika südlich der Sahara. Ich bin ein Singvogel, der sich hauptsächlich von Insekten ernährt. Ich brüte von Westeuropa bis ins westliche Zentralasien im extensiv genutzten Grünland. Meine Bestände sind in großen Teilen meines Verbreitungsgebiets stark rückläufig. Deshalb bin ich hierzulande nur mehr an wenigen Stellen als Brutvogel zu beobachten. In Österreich ist der Hanság für mich ein sehr beliebtes Brutgebiet und so sind die Chancen, mich auf einer Safari ebendort im Frühjahr/Sommer zu erspähen, besonders groß. Man findet mich oft auf einer Ansitzwarte auf Beute lauernd. Im Gebiet nutze ich dazu gerne Hochstauden, Zaunpfähle, einzelne Büsche, niedrige Bäume und auch Stromleitungen.
So, jetzt aber genug geredet! Das St. Martins Outdoor-Team hat viel Wissenswertes rund um mich in kompakter Form aufbereitet. Viel Spaß beim Lesen!
Alles Liebe, Ihr Braunkehlchen
Bildlizenz: Frank Vassen, CC BY 2.0
Facts
- Länge: 12 – 14 cm
- Flügelspannweite: 21 – 25 cm
- Gewicht: 15 – 24 g
- Nest: Bodennest im hohen Gras
- Eier: 5 – 7 Eier
- Brutzeit: Ende April – Ende Juli
- Alter: 2 – 6 Jahre
Aussehen
Das Braunkehlchen ist etwas kleiner als ein Spatz, das Männchen hat eine orange-braune Brust, einen schwarz-braunen Kopf und einen markanten weißen Überaugenstreif. Beim Weibchen ist der Überaugenstreif hellbeige und das Gefieder insgesamt weniger kontrastreich gezeichnet. Das Jugendkleid unterscheidet sich nur wenig vom Kleid der Weibchen.
Fortpflanzung
Die Brutzeit ist von Ende April bis Ende Juli. Das Braunkehlchen baut sein Nest in der Regel am Boden, bevorzugt am Fuß einer größeren Staude oder eines Busches, nach oben gut durch Halme oder Ähnliches getarnt. Ein Gelege besteht meist aus 6 grünlich-blauen Eiern. 11 bis 13 Tage später schlüpfen die Jungen, die das Nest nach weiteren 11 bis 15 Tagen flugunfähig verlassen, sich jedoch bis zur Flugfähigkeit im Alter von 17 bis 19 Tagen in Nestnähe verstecken. Zweitbruten kommen nur sehr selten vor.
Nahrung
Das Braunkehlchen ist großteils ein Wartenjäger, das von Ansitzen den umliegenden Boden nach potenzieller Beute absucht. Es werden hauptsächlich mittelgroße Wirbellose erbeutet. Je nach Angebot werden Schmetterlinge, Schnaken, Heuschrecken oder Raupen, aber auch Spinnen oder kleine Schnecken angenommen. Am Herbstzug werden manchmal auch Beeren zur Hauptnahrung.
Stimme
Der Gesang des Braunkehlchens besteht aus kurzen Strophen, Tönen und pfeifenden Lauten, die rasch vorgetragen werden – manchmal werden auch die Gesänge anderer Vogelarten imitiert. Die meist kurzen Strophen werden oft ohne spezifische Reihenfolge nacheinander vorgetragen. Die Männchen sitzen beim Vortrag des Gesangs oft auf erhöhten Warten und führen gelegentlich einen kleinen Schauflug durch.
Hier findest du noch eine kurze Audiodatei mit der Stimme des Braunkehlchens
Verbreitung
Das Braunkehlchen ist Brutvogel von Westeuropa bis in den Westen Zentralasiens (West- und Mittelsibirien) und besiedelt dort die gemäßigte und boreale Zone. In Europa ist die Art weit verbreitet mit Schwerpunkt in Mittel- und Nordosteuropa, fehlt aber in großen Teilen der Mittelmeerländer. Das Braunkehlchen ist ein Langstreckenzieher mit Hauptüberwinterungsgebieten in den Savannen Afrikas südlich der Sahara. Braunkehlchen besiedeln offene Landschaften und sind in Österreich sowohl im Flachland als auch im Gebirge auf Wiesen und Gräben, kleinen Brachflächen und Rainen anzutreffen. Während der Brutzeit benötigen sie zudem eine vielfältige Krautschicht mit einzelnen Büschen oder Pfählen als Sitzwarten zur Nahrungssuche. In Österreich ist das Verbreitungsgebiet mittlerweile leider nur mehr sehr lückig. Bedeutende Vorkommen bestehen aktuell nur mehr in Teilen Vorarlbergs, Tirols, Niederösterreichs, der Steiermark und des Burgenlands.
Gefährdung
Der weltweite Gesamtbestand des Braunkehlchens wird derzeit als nicht gefährdet eingestuft, ist aber abnehmend. In Österreich ist ein dramatischer Bestandseinbruch feststellbar, seit 1998 sind 60 Prozent der Braunkehlchen von den heimischen Wiesen verschwunden. Nähere Untersuchungen gehen sogar von einem Verlust von 80 Prozent seit 2004 aus. Das Braunkehlchen ist in Österreich nur noch lückenhaft verbreitet, aktuell werden 950-1.500 Brutpaare geschätzt. Eine sehr ernste Bilanz für diesen einst häufigen Wiesenvogel. In der aktuellen Roten Liste wird das Braunkehlchen in Österreich als stark gefährdet eingestuft. Als Hauptursache des Wiesenvogelsterbens ist die intensive Grünlandnutzung mit häufiger Mahd und Düngung und das damit verbundene Insektensterben anzusehen. Um auf die prekäre Situation dieser wunderhübschen Vogelart hinzuweisen wurde das Braunkehlchen zum Vogel des Jahres 2023 auserwählt.
Bildlizenzen:
- Frank Vassen, CC BY 2.0
- Martin Mecnarowski, CC BY-SA 3.0
- Martin Mecnarowski, CC BY-SA 3.0

Wann und Wo?
Im Seewinkel und Hanság bieten sich die besten Beobachtungsbedingungen im Frühjahr ab Ende April bis in den Spätsommer. Bei Wiesen- oder Brachflächen lohnt es sich immer genau hinzusehen und nach einem Braunkehlchen, das solche Habitate bevorzugt, Ausschau zu halten. Dabei lassen sich Braunkehlchen oft gut mit einem Fernglas oder einem Spektiv aus der Ferne beobachten, wenn sie auf Ansitzwarten nach Insekten Ausschau halten.
Safari
Gute Chancen ein Braunkehlchen zu beobachten, hat man vor allem bei einer Birdwatching-Tour oder Großtrappen-Safari im Frühjahr/Sommer. Neben dem Braunkehlchen wird euch einer unserer fachkundigen St. Martins Ranger noch viele weitere Vogelarten zeigen bzw. vorstellen. Denn nicht nur für das Braunkehlchen stellt der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel ein wichtiges Durchzugsgebiet, bzw. Brutgebiet dar.
Bildlizenz: Steve Garvie, CC BY-SA 2.0
Interaktive Inhalte
Hier finden Sie ein Video mit besonderen Inhalten zum Braunkehlchen

Beobachten mit
St. Martins
Mit ein bisschen Glück könnt ihr schon direkt am weitläufigen Gelände bzw. auf den Weideflächen der St. Martins Therme & Lodge ein Braunkehlchen auf seiner Ansitzwarte erspähen. Ansonsten bietet sich auch der Weg zum Sankt Andräer Zicksee ideal für Beobachtungen während der Zugzeiten (April u. September) an. Es lohnt sich also, die Augen bei euren Spaziergängen in jede Richtung offenzuhalten.
Auf dem Gelände der St. Martins Therme & Lodge findet auch regelmäßig eine wissenschaftliche Vogelberingung statt. Wir konnten dabei in den letzten Jahren dabei sogar das eine oder andere Braunkehlchen am Durchzug fangen und beringen. Ein direkter Verwandter vom Braunkehlchen hat uns die Ehre allerdings bereits öfters gemacht. Das im Gebiet häufiger anzutreffende Schwarzkehlchen konnte von uns auch schon mehrmals beringt werden. Das Schwarzkehlchen ist zum Vergleich auf diesem Bild zu sehen.
Bildlizenz: Fernando Losada Rodríguez, CC BY-SA 4.0